Der Dreh in Asien oder same same but deutsch
Erfahrungsbericht von Franz Rothe, Student des Studiengangs Populäre Musik und Medien, über seinen Dokumentarfilm-Dreh in Laos.
Mit der Kamera durch Laos auf der Suche nach Protagonisten.
Einen Film in Asien zu drehen, wäre mir früher nie in den Sinn gekommen. Professionelle Filmemacher, mit Filmteam und Produktionsfirma im Rücken, stellen so etwas auf die Beine, aber die Vorstellung, dass ich selbst die Kamera einpacken und versuchen könnte einen Film in Asien zu drehen, lag mir fern. Als unsere studentische Gruppe im Sommer 2012 im Rahmen des Seminars „Der Kinodokumentarfilm“ bei dem Dokumentarfilmregisseur Rouven Rech und Carsten Engelke (Mitarbeiter IMT) einen Film über einen laotischen Flüchtling in Paderborn drehte, erschien uns das Thema schon interessant, das Material jedoch nicht ausreichend. Da kam mir dieser Gedanke zum ersten Mal. In Asien war ich zuvor schon unterwegs, einen Film hatte ich auch schon einmal gedreht. Warum also nicht einfach beides vereinen? Einen Teil des Dokumentarfilmes in Laos zu drehen, erschien mir plötzlich nicht mehr so abwegig.
Von Bangkok aus, wo es mich sowieso hin verschlagen hatte, machte ich mich also auf in den Norden von Laos um ein Pendant unseres Paderborner Protagonisten zu finden, der damals statt zu fliehen im Land geblieben war. Nachdem ich in alten Bussen und Pickups über die palmenbewachsenen Straßen und Buckelpisten den Norden Thailands durchquert hatte und mit einem alten Holzboot über den Mekong nach Laos gelangt war, wurde mir langsam bewusst, was ich mir da vorgenommen hatte. Hier einen Film zu drehen, würde wohl doch etwas anderes werden als in Paderborn.
Die erste und wichtigste Frage war ganz banaler Natur: Wen möchte ich denn eigentlich filmen? Wen könnte ich mit meiner Kamera begleiten und wo finde ich ihn? So saß ich hier über meiner plötzlich recht großen laotischen Landkarte auf der die zahllosen Städte und Dörfer als identische Punkte lagen. Touristische Orte wollte ich vermeiden, um ein „authentischeres“ Laos einzufangen, aber selbst unter dieser Prämisse blieb die Zahl der unaussprechlichen Städtenamen riesig. Also entschloss ich mich, einfach soweit nach Norden zu reisen wie es das Bussystem zuließ und dann per Moped weiter in Richtung der chinesischen Grenze zu fahren. Hier, so dachte ich, finde ich wohl das ursprünglichste und zeigenswerteste Laos.
Die offensichtliche Problematik der Sprachbarriere hatte ich bald gelöst, indem ich einen sprachversierten Bekannten für das Projekt begeistern konnte. So musste ich nach ein paar Tagen vor Ort nicht mehr einen Rikschafahrer oder anderen Local als Dolmetscher gewinnen.
"same same but deutsch" (2013) von Franz Rothe, Michael Lehmann, Linda Längsfeld, Lukas Hoffmann und Michael Eilers.
Zu zweit fuhren wir also durch die endlosen Reisfelder, vorbei an kleinen Flüssen und durch unzählige kleine Dörfer aus Holz und Bambus, auf der Suche nach einer Person oder einer Familie für unseren Film. Immer wieder hielten wir an Hütten an, aßen mit den gastfreundlichen Menschen, tranken abends mit ihnen Bier und kamen ins Gespräch. Einen Film über sich drehen zu lassen war aber nicht erwünscht. Mal fielen wir direkt mit der Tür ins Haus, mal unterhielten wir uns erst Stunden, bevor wir unsere Idee präsentierten. Manchmal sagten wir, wir wollten einfach einen Film über Laos drehen, bei anderen erzählten wir die Geschichte des Flüchtlings aus Paderborn, aber jedes mal fuhren wir unverrichteter Dinge weiter.
Nach drei Tagen war es dann soweit. An einem kleinen hölzernen Kiosk in einem winzigen Dorf fanden wir endlich eine Familie, die sich von uns filmen ließ. Die Aufregung war groß und es dauerte lang, bis die Kinder der Familie nicht mehr durchgehend vor der Kamera standen, um sich wieder und wieder fotografieren zu lassen. Nach einem Tag Dreharbeiten hatten sich aber selbst sie an mich gewöhnt und wir konnten nahezu unbemerkt Teil ihres Alltags sein. Plötzlich war das Drehen dann doch fast wie daheim – nur ein bisschen schöner.
Franz Rothe; 04.06.2013